Zum Tod von Wilhelm Albrecht

Nachruf

Dr. Wilhelm Albrecht (1940–2025)

Als mich die Nachricht erreicht, dass Willi Albrecht gestorben ist, redigiere ich gerade Unterrichtsmaterial zu einem Märchenmotiv. Zur Unterstützung liegt Heft 3/2003 der Katechetischen Blätter zum Thema Märchen auf meinem Schreibtisch.
Von 1996 bis 2007 ist Willi Albrecht Schriftleiter, auch davor und danach prägt er die religionspädagogische Fachzeitschrift viele Jahre über die Mitarbeit im Beirat; ich bin 1999 als Redakteurin dazugestoßen. Es war von Anfang an eine bereichernde Zusammenarbeit. Denn er war im besten Sinne des Wortes stets ein Grenzgänger, einer, der Grenzen öffnete, weitete, überschritt, Unbegangenes wagte und so dafür sorgte, dass Menschen und Dinge sich entwickeln konnten.

Das mag ihm schon durch seinen Geburtsort in die Wiege gelegt worden sein: Geboren wird er 1940 in Freilassing - die oberbayerische Handels- und Gewerbestadt im Berchtesgadener Land an der Grenze zu Österreich ist Verkehrsdrehscheibe nach Salzburg. Zunächst ist das Umfeld Molkerei als Berufsziel vorgegeben. Nach Handelsschule und Lehre kommt er jedoch über den zweiten Bildungsweg zum Abitur. Er beginnt ein Theologiestudium an der damaligen Phil.-Theol. Hochschule in Freising, macht schließlich in München seinen theologischen Abschluss und heiratet. Es folgt ein weiter Sprung mit einem Aufenthalt im Ruhrgebiet: Er studiert zur Theologie noch Germanistik in Bochum, absolviert sein Referendariat an einem Gymnasium in Essen und legt dort 1971 die Zweite Staatsprüfung ab. Zwei Töchter werden geboren. An der Pädagogischen Hochschule Duisburg wird er Assistent von Prof. Dr. Günter Lange. Sein Dissertationsthema wagt sich in neue Gefilde: Hinter dem Titel „Personhandeln und Sachanspruch“ verbirgt sich eine Erörterung darüber, wie sich gruppendynamische Lernformen im Religionsunterricht nutzbar machen lassen. Frisch promoviert kehrt er 1977 nach Bayern zurück, wo er die neu eingerichtete Stelle als wissenschaftlicher Referent für Grund-, Haupt- und Sonderschulen am Religionspädagogischen Zentrum (RPZ) in München antritt und sich wieder in Freising niederlässt. Elf Jahre später, 1988, wird er zum Direktor des RPZ berufen und hat diese Stelle sowie die Verantwortung für den Bereich Gymnasium bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2005 inne.

Aber was liegt nicht alles dazwischen: Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Lehrerfortbildung auf unterschiedlichen Ebenen für ganz Bayern und die Lehrplanentwicklung für die verschiedenen Schularten. Besonders ans Herz gewachsen sind ihm benachteiligte Kinder und Jugendliche. Er kümmert sich leidenschaftlich um die religionspädagogische Unterstützung an Förderschulen und gibt deutschlandweit wertvolle Impulse. Fruchtbar und intensiv ist die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Katecheten-Verein (dkv): 1982 wird er in den Münchner Diözesanvorstand gewählt, 1991 in den Bundesvorstand. Von 1996 bis 2007 ist er als Schriftleiter der vom dkv im Kösel-Verlag herausgegebenen Katechetischen Blätter zugleich „geborenes“ Vorstandsmitglied.

Er, der in Gruppendynamik geschult war, liebte dynamische Diskussionen und scheute auch die politische Auseinandersetzung nicht. Er war ein ebenso engagierter wie gelassener Teilnehmer oder Leiter von Diskussionen und Kommissionen, Expertenrunden und Tagungen. Wenn es sehr turbulent wurde, zog er sich auch einmal während der Arbeitszeit in die Sauna eines nahen Hotels zurück, um aus der Kraft der Ruhe gestärkt wieder seinen vielfältigen Aufgaben nachzugehen.

Er hatte einen Blick für das Kleine, sah darin das Große. Diese spirituelle Durchdringung des Alltags prägte ihn. Er war ein aufmerksam Wahrnehmender, der seine Beobachtungen unaufdringlich teilte. Er war an seinem Gegenüber aufrichtig interessiert. Bei jedem Telefonat blieb noch ein wenig Zeit, um über jüngste Lesefrüchte, Kinobegegnungen, Ausflüge oder Ausstellungen zu sprechen. Ihn reizte der Blick über den Tellerrand: Unvergessen, dass er für die Jubiläumsveranstaltung „125 Jahre KatBl“ Wolf Biermann für ein Konzert gewinnen konnte und mit ihm ein langes Interview führte. Begegnung auf Augenhöhe war ihm wichtig. Als alle Welt nach den Anschlägen von 2001 über den Islam sprach, wollte er die Religion von innen heraus verstehen und lancierte ein KatBl-Heft über „Koran lesen“, u. a. mit Navid Kermani als Autor.

Beim Blättern durch seine Beiträge für die KatBl fällt mir auf, wie oft er über Licht geschrieben hat. Er hatte ein Faible für Metaphern, und alles rund um Farbe und Licht hatte es ihm angetan. „Lichterzeichen“ nannte sich auch die Aktion gegen die dritte Startbahn des Münchner Flughafens, zu deren Mitinitiatoren er gehörte und die er viele Jahre anführte. Ruhestand gab es für ihn nicht. Er engagierte sich für Pax Christi, nahm nach wie vor regen Anteil an allen religionspädagogischen Entwicklungen, unterstützte den dkv weiterhin als treibende Kraft des Förderkreises, interessierte sich für Kunst und Kultur, soweit es die nachlassende Gesundheit erlaubte. Sein Motto blieb das, was er einst zu Beginn seiner Schriftleitertätigkeit formuliert hatte: Nicht eingrenzen, sondern weiter ausgreifen!

 

Lieber Willi, am 11. April 2025 wärst du 85 Jahrealt geworden. Wenige Tage vorher, am 8. April, hast du das letzte Tor aufgestoßen und die Grenze vom Diesseits zum Jenseits, vom Tod zum Leben überschritten. Möge das ewige Licht dir leuchten.

 

Margarete Stenger

 

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Der dkv – meine ganz persönliche „Münchener Rückversicherung“, um auch an der Uni mit „der Praxis“ verbunden zu sein, die mir auf vielen Tagungen und Fortbildungen in Gestalt engagierter und kompetenter Frauen und Männer begegnet. Meine Empfehlung an meine Student*innen und angehenden Referendar*innen: Jetzt eintreten, nie mehr wechseln!

Prof. Dr. Rita Burrichter

Gerade in bewegten Zeiten suchen die Menschen nach Orientierung. Sachverhalte erklären und einordnen, das ist die Aufgabe von gutem Journalismus. Es gibt aber auch Fragen, die nicht rational zu beantworten sind. Hier kann der Glaube eine wichtige Stütze sein. Deshalb ist religiöse Bildung und Erziehung so wichtig.

Dr. Peter Frey, ZDF

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